Berlin (dpa) – Für ihre Strategie des Dialogs mit propalästinensischen Besetzern hat die Präsidentin der Berliner Humboldt-Universität (HU) Unterstützung vom Senat und von der Technischen Universität erhalten. «Mein großer Respekt gilt Julia von Blumenthal, die in dieser schwierigen Situation äußerst besonnen reagiert und klare Grenzen gezeigt hat, aber auch Dialogbereitschaft», erklärte die Präsidentin der TU, Geraldine Rauch, am Freitag. Auch Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra sagte, die HU-Leitung habe richtig gehandelt: «deeskalierend, wo es sinnvoll erschien, dialogorientiert mit Augenmaß und in der Folge konsequent». Die Senatsverwaltung für Wissenschaft habe den Dialog unterstützt, hieß es, zugleich sei die Beendigung der Besetzung am Donnerstagabend richtig gewesen.
Propalästinensische Aktivisten hatten am Mittwoch HU-Räume aus Protest gegen Israel und zur Unterstützung der Palästinenser besetzt. Die Universitätsleitung duldete das zunächst und setzte auf einen Dialog mit Besetzern und Wissenschaftlern. Am Donnerstagabend räumte die Polizei das besetzte Gebäude.
Nach ersten Angaben leitete die Polizei 25 Strafermittlungsverfahren ein. 169 Menschen seien am Donnerstagabend kurzzeitig festgenommen worden, um deren Identität festzustellen, sagte eine Polizeisprecherin am Freitag. Sechs weitere sogenannte freiheitsbeschränkende Maßnahmen habe es bei einer anschließenden Kundgebung gegeben sowie sechs weitere Anzeigen.
TU-Präsidentin kritisiert «mangelndes Vertrauen in Hochschulleitungen»
Die Entscheidung zur Räumung des Gebäudes der Berliner Humboldt-Universität wurde laut Senatorin Czyborra zusammen von Senat und Universität getroffen worden. «Wir haben uns gemeinsam darauf verständigt, dass die Universitätsleitung die Besetzung beendet und die Demonstranten aufgefordert werden, das besetzte Institut zu verlassen», teilte sie mit Blick auf ein Gespräch zwischen dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner, der für die Polizei zuständigen Innensenatorin Iris Spranger, von Blumenthal und ihr selbst mit. Von Blumenthal hatte dagegen erklärt, die Anweisung zur Räumung sei «von ganz oben» gekommen.
TU-Präsidentin Rauch nannte das Vorgehen von Wegner und Czyborra «äußerst befremdlich». «Frau von Blumenthal hätte auch ohne Anweisung von oben räumen lassen, wenn der Dialog endgültig gescheitert wäre. Nicht nur zeigt dies mangelndes Vertrauen in die Hochschulleitungen, es untergräbt auch die Hochschulautonomie an sich.»
«Mit Duldung an Grenze gegangen»
Von Blumenthal verteidigte ihr Vorgehen am Freitag im RBB-Inforadio. «Wir sind mit unserer Duldung an eine Grenze gegangen, weil wir davon überzeugt sind, dass es notwendig ist, diese Grenzen auszuloten, ob wir mit den Studierenden noch in einen Dialog kommen können.» Mit einer von zwei beteiligten Studentengruppen sei es möglich gewesen, in Dialog zu treten und Vereinbarungen zu treffen, etwa keine weiteren Graffiti-Schmierereien vorzunehmen.
Die Räumung begann aus ihrer Sicht etwas zu früh. «Wir waren (…) in der Situation dort in einem Dialog, und aus unserer Sicht hätten wir noch etwas Zeit gebraucht, um zu sehen, ob wir selbst diesen Dialog zu einem Ergebnis führen können oder nicht», sagte von Blumenthal dazu. «Wir wollten eben diesen Versuch selbst an ein Ende führen. Und so mussten wir den Dialogversuch abbrechen.»
«Die Frage der Räumung war für uns immer eine Option», erläuterte die Universitäts-Präsidentin in dem RBB-Interview. Es sei klar gewesen, dass die Uni den Besetzern eine Frist gesetzt habe. «Wir hätten sie nach dieser Frist aufgefordert zu gehen, und wenn sie nicht freiwillig gegangen wären, hätten auch wir geräumt», so von Blumenthal. «Selbstverständlich. Wir hätten diese Besetzung nicht länger als über diesen Abend hinaus geduldet.»