Prag/Berlin (dpa) – Nach Entdeckung einer russischen Einflussoperation in Europa befürchtet die Bundesregierung weitere Versuche Moskaus, die Spaltung der Gesellschaft zu vertiefen und das Vertrauen in Institutionen zu erschüttern. «Auch die Bundesrepublik Deutschland bleibt weiterhin ein wichtiges Ziel russischer Einflussbemühungen», erklärte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums am Donnerstag auf Anfrage.
Die tschechische Regierung hatte am Mittwoch bekannt gemacht, dass sie die Betreiber der Internetseite «Voice of Europe» mit Sanktionen belegt hat. Betroffen ist unter anderen der Oligarch Wiktor Medwedtschuk, der als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt. Die Zeitung «Denik N» berichtete unter Berufung auf Geheimdienstkreise, über das Einfluss-Netzwerk seien bei Besuchen in Prag auch Gelder in bar an Politiker aus Deutschland, Frankreich, Polen, Belgien, den Niederlanden und Ungarn gezahlt worden.
Zu Zahlungen an deutsche Politiker äußerte sich das Bundesinnenministerium nicht. Die Sprecherin bestätigte nur, dass durch länderübergreifende Zusammenarbeit der europäischen Sicherheitsbehörden «eine russische Einflussoperation gegen das Europäische Parlament aufgedeckt» worden sei. Der ebenfalls mit tschechischen Sanktionen belegte ukrainische Staatsangehörige Artjom Machewskyj übe «im Auftrag Russlands illegitimen Einfluss auf das Europäische Parlament aus», erklärte die Sprecherin des Bundesinnenministeriums. «Dazu benutzt es Politikerinnen und Politiker aus mehreren europäischen Ländern und stellt erhebliche Geldmittel zur Verfügung.»
Die Sprecherin erklärte weiter: «Dieser Fall ist ein weiteres Beispiel für die umfangreichen und breit gefächerten Einflussaktivitäten Russlands. Russland hat in den vergangenen Jahren ein komplexes Netzwerk aus Einflussakteuren und -instrumenten aufgebaut, auf das es zurückgreifen kann. Es ist davon auszugehen, dass die Einflussaktivitäten vor allem darauf abzielen, Vertrauen in die Handlungsfähigkeit und Kompetenz europäischer Institutionen zu untergraben und vorhandene Spaltungspotenziale in der Gesellschaft zu vertiefen. Auch die Bundesrepublik Deutschland bleibt weiterhin ein wichtiges Ziel russischer Einflussbemühungen.» Die deutschen Sicherheitsbehörden würden weiter alles unternehmen, um die Einflussoperationen aufzuklären und zu unterbinden.