Berlin (dpa) – Die Bundeswehr stellt an ihren Standorten in Deutschland immer häufiger unerlaubte Drohnen-Überflüge fest. Ein Weg, diese mutmaßlichen Spionageaktivitäten zu beenden, wurde allerdings bislang nicht gefunden. Dabei ist das Problem schon länger bekannt.
«Die Anzahl entsprechender Vorfälle ist in jüngerer Vergangenheit gestiegen», teilte ein Sprecher des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr der Deutschen Presse-Agentur auf schriftliche Anfrage mit. Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf die erhöhte Wachsamkeit der Soldatinnen und Soldaten mit Blick auf mögliche Ausspähversuche sowie auf eine eher schlichte Methode, Spionage zu verhindern: «Zum Schutz gegen Ausspähung mittels Drohnen hat die Bundeswehr zahlreiche Maßnahmen zur Erhöhung des Schutzniveaus getroffen; beispielsweise werden Vorhaben in sichtgeschützten und/oder überdachten Bereichen durchgeführt.»
Die mutmaßlichen Versuche, Standorte der Bundeswehr heimlich zu beobachten und dabei womöglich auch Fotos oder Videos anzufertigen, fokussieren sich nach Einschätzung des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) unter anderem auf die Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland.
Komplexe Zuständigkeitsfragen
Aktenkundig wurden unter anderem Verdachtsfälle im bayerischen Wildflecken, in Grafenwöhr und im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein sowie am Truppenübungsplatz Altengrabow im ostdeutschen Bundesland Sachsen-Anhalt. Dass es bislang nach dpa-Informationen noch keine Festnahme eines Drohnenpiloten in der Umgebung eines Bundesstandortes gab, mag auch mit den komplexen Zuständigkeiten zusammenhängen.
Angehörige der Bundeswehr dürften Straftaten gegen die Bundeswehr verhindern und innerhalb der Vorgaben des Gesetzes auch Personen festhalten, hieß es vom Territorialen Führungskommando. Diese würden dann gegebenenfalls ebenso wie sichergestellte Drohnen für die weitere Ermittlungsarbeit an die Polizei übergeben. Außerhalb von Liegenschaften der Bundeswehr sei allerdings die Polizei für die Verfolgung und gegebenenfalls Festnahme zuständig. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Für polizeiliche Maßnahmen anlässlich verdächtiger Drohnen-Überflüge an Bundeswehrstandorten sind grundsätzlich die Polizeien der Länder zuständig.»
Dass die gesichteten Drohnen wohl zumindest teilweise russischen Geheimdienstaktivitäten zugeordnet werden können, ist – da noch niemand überführt wurde – bislang nur eine Arbeitshypothese. Da solche auffälligen Drohnen-Überflüge gerade zu Beginn und zum Ende von Ausbildungsmaßnahmen für ukrainische Soldaten beobachtet wurden, sei es jedoch «relativ eindeutig, in welche Richtung es geht», erklärte MAD-Präsidentin Martina Rosenberg im vergangenen Herbst.
Bundeswehr hat Störsender in Mali genutzt
Unter anderem für die Abwehr von Drohnen während des Einsatzes in Mali hatte die Bundeswehr 2018 den HP-47 Effektor-Abwehrstörsender beschafft. Er kann laut Bundeswehr Störsignale aussenden, die unter anderem die Funksignale zur Fernsteuerung sowie die Übertragungssignale für eine Bildübertragung per Video oder Fotokamera unterbrechen. Damit könnten anfliegende Drohnen gestoppt und kontrolliert zur Landung gezwungen werden. In einer Mitteilung des Territorialen Führungskommandos vom vergangenen Dezember hieß es: «In Ergänzung zu bereits vorhandenen Drohnenabwehrsystemen hat das Bundesministerium der Verteidigung jüngst zur quantitativen sowie vor allem aber qualitativen Erweiterung in kürzester Zeit und unbürokratisch weitere moderne Systeme beschafft.»
Übung von Bundeswehr und Polizei im November 2023
Wenige Tage zuvor hatte man sich auf dem Truppenübungsplatz im brandenburgischen Lehnen gemeinsam mit der Bundespolizei sowie den Landespolizeien von Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt zu einer «Fähigkeitsdemonstration «Drohnenabwehr»» getroffen. Dabei ging es den Angaben zufolge um die Wirkung und die Einsatzmöglichkeiten verschiedener Drohnendetektions- und Abwehrsysteme. Auch sei das Zusammenspiel zwischen «Detektion, Drohnenabwehr und Zugriffskräften der Feldjäger der Bundeswehr und der Polizei» erfolgreich geübt worden. Anwesend waren dabei auch der Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos, Generalleutnant André Bodemann, und der Präsident des Bundespolizeipräsidiums, Dieter Romann.
In Deutschland ist die Verwendung handelsüblicher Mini-Drohnen nur dann gestattet, wenn das Gerät in Sichtweite des Benutzers bleibt. Technisch möglich ist es aber, das kleine unbemannte Flugobjekt in mehreren Kilometern Abstand zur Fernsteuerung fliegen zu lassen. Wer eine Drohne mit Kamera benutzt, muss diese registrieren.
Von Anne-Beatrice Clasmann, dpa